Papierindustrie besorgt um unzureichenden Effekt der staatlichen Energiekostendämpfung

Industrie: Geplante Beihilfen gehen an Papierbranche in Deutschland vorbei

Die Papierindustrie befindet sich derzeit in der Preisrunde zu den Lieferbedingungen ab Januar 2023. Einkäufer fordern nicht selten Preisnachlässe. Sie gehen davon aus, dass sich die Produktionskosten der Papierfabriken im Sinken befinden. Neben etwaigen Erleichterungen auf der Rohstoffseite hegen Einkäufer Erwartungen an die Energiepreisbremse. Subventionen seitens des deutschen Staates bzw. der EU sollen die Energiekostenspirale für Unternehmen abfedern und damit dazu beitragen, dass so genannte Energiezuschläge künftig entfallen und die Basispreise für Druck- und Schreibpapiere sinken.

Vertreter der Papierbranche dämpfen solche Hoffnungen, denn sie bezweifeln, dass die bislang geplanten Beihilfen die notwendige Tiefe bei der Entlastung erreichen. Die staatlichen Hilfen gehen an der Papierindustrie vorbei, sagen Akteure. Die Branche zeigt sich weiterhin in großer Sorge um die Entwicklung am Energiemarkt. Die in Aussicht gestellten Hilfsprogramme der deutschen Regierung führen die Papierfabriken nicht aus der Bredouille, in der sich die Unternehmen seit dem Energiepreisschock befinden.

Akteure berichten von einer großen Ungewissheit, die die Papierfabriken auch in der aktuellen Preisrunde zum Beispiel für Feinpapiere und Pressepapiere zögerlich erscheinen lässt. Denn von den Papiereinkäufern werden nicht nur Preisnachlässe, sondern auch Liefer- und Preissicherheit gefordert. Die Notierungen für Druck- und Schreibpapiere sollen über mehrere Monate fixiert werden. Hingegen weisen Papierhersteller darauf hin, dass sie selbst schwerlich die dafür notwendige Preisfestsetzung für die Energiekosten vornehmen können. Zum einen, so erklären Experten der Branche, weil auch deren Energielieferanten immer weniger bereit sind, entsprechend langfristige Verträge abzuschließen. Zum anderen aber auch, so heißt es weiter, weil die Entlastung durch die angekündigte Energiepreisbremse noch immer ungewiss ist und endgültige Entlastungsbeträge erst nachträglich in 2024 feststehen.

Vor diesem Hintergrund erklären Vertreter der Papierindustrie, dass es weiterhin eine große Herausforderung sei, die Produktion aufrecht zu erhalten, die langfristige Existenz der Unternehmen zu sichern und darüber hinaus die mit Blick auf Nachhaltigkeit notwendige Transformation zu finanzieren.

Staat will Preisspirale ausbremsen

Mit der von der deutschen Regierung initiierten Gas- bzw. Strompreisbremse war angekündigt, dass nicht zuletzt die Papierindustrie eine Hilfestellung in der aktuellen Krise erhalten soll. Um diese in Anspruch nehmen zu können, müssen Unternehmen bestimmte Kriterien erfüllen, erklären Experten. Die Regelungen sehen vor, dass Antragstellern Zuschüsse genehmigt werden, sobald sie 2023 ein EBITDA von 70 % oder weniger erreichen, als sie im Jahre 2021 erwirtschafteten.

Diese Voraussetzung gilt, sobald Beihilfen von mehr als 4 Mio € beansprucht werden. Unternehmen kritisieren sowohl die Höhe der in Aussicht gestellten Hilfen als auch die dafür notwendigen Voraussetzungen. Da diese 4 Mio € nur einmalig beantragt werden können, bezeichnen sie Akteure als Tropfen auf den heißen Stein. Immerhin belaufen sich die Energiekosten von Papierfabriken im zwei- und dreistelligen Millionenbereich.

Zudem kommt die Energiepreisbremse angesichts der Voraussetzungen bei den Papierfabriken nicht an, kritisieren sie weiter. Denn kaum ein Unternehmen der deutschen Papierindustrie kann es sich leisten, im nächsten Jahr ein Ergebnis zu erzielen, dass noch schlechter ist als 2021, in dem viele Hersteller z.B. von Feinpapieren und Pressepapieren nur sehr niedrige Gewinne oder sogar Verluste ausweisen konnten.

Ein vergleichsweise gutes Ergebnis 2023 beeinflusst folglich die potenzielle Staatshilfe negativ. Sie wirke nur bei denjenigen Unternehmen positiv, die sich auch 2023 in finanzieller Schieflage befinden würden. Für alle anderen bleiben die hohen Energiepreise voll wirksam, erwarten Industriekenner.

Wie Experten erklären, haben die vorgeschlagenen Regelungen zur Energiepreisbremse in Deutschland durch das Temporary Crisis Framework (TCF) der EU einen Rahmen vorgegeben und zudem eine wettbewerbsrechtliche Dimension: Große Geldflüsse an Unternehmen sind von der EU zu genehmigen, was eine Hürde für die Beihilfen darstelle. Wie es weiter heißt, sei eine bindende Entscheidung zur Genehmigung der Energiepreisbremse für die Industrie nicht mehr für das laufende Jahr 2022 zu erwarten. Es bestehe folglich das Risiko einer etwaigen Rückabwicklung, falls die EU weitere Hürden in der Umsetzung vorgibt, erklären Experten.

Im Sinne eines Schutzschirms für Unternehmen in Deutschland, die durch die hohen Energiepreise in Schwierigkeiten geraten, wirkten laut Branchenkennern bislang z.B. Kreditlinien der KfW, Bürgschaftsprogramme, Steuererleichterungen und das Energiekostendämpfungsprogramm, das Mitte des Jahres 2022 eingeführt wurde, aber „nur“ bei bilanzierten Verlusten wirksam zum Tragen komme. Zu einer merklichen Entlastung der Unternehmen habe zudem die Regelung zur Kurzarbeit beigetragen. Eine Umfrage des Branchenverbandes DIE PAPIERINDUSTRIE hatte jüngst ergeben, dass mittlerweile 54 % der befragten Papierfabriken mit Kurzarbeit rechnen. In der aktuellen Marktlage finden laut EUWID-Informationen nicht selten temporäre Stillstände von Produktionsanlagen sowohl in der Papier- als auch in der Druckindustrie statt.

Vor diesem Hintergrund wiederholen Vertreter der Papierindustrie ihre Forderungen nach dem Einsatz von sogenannten Übergangstechnologien wie Atomkraft und Kohlekraft in Deutschland. Derzeit sei die Grundlast in der Erzeugung von Energie zu annehmbaren, wirtschaftlichen Preisen höchst fragwürdig. Thematisiert wird zudem die Schaffung von Energie-Speichermöglichkeiten.

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