Verband: Die deutsche Zellstoff- und Papierindustrie vor grundlegenden Veränderungen

Der Verband DIE PAPIERINDUSTRIE zeigt mit seiner aktuellen Halbjahresbilanz 2023 eine alarmierende Situation auf. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum weist die Gesamtproduktion in Deutschland einen Rückgang um fast 21 % auf. Der Absatz sank um 19,1 %, der Umsatz reduzierte sich überproportional um 25 %. Im Vergleich der Zahlen mit anderen europäischen Ländern ist die Produktion in Deutschland mit zusätzlich minus 5,7 % noch deutlich rückläufiger.

Als eine der Ursachen nennt der Branchenverband konjunkturelle und strukturelle Probleme gleichzeitig. DIE PAPIERINDUSTRIE sieht die Wettbewerbsfähigkeit durch hohe Energiekosten akut gefährdet und fordert von der Politik einen dem entsprechenden Industriestrompreis sowie die Beibehaltung der Strompreiskompensation

Konjunkturschwäche verstärkt strukturelle Probleme in einzelnen Geschäftsbereichen

Als Folge der Digitalisierung ist der Rückgang bei Printwerbung, Zeitungs- und Zeitschriftenauflagen seit Jahren deutlich spürbar. So zeigt sich der Bereich der grafischen Papiere besonders hart getroffen. In Kombination mit der aktuellen rückläufigen Konjunktur bedroht dies die Unternehmen. Die Produktion für grafische Papiere musste im Vergleichszeitraum drastisch um 36,6 % zurückgefahren werden.

In die Rezession werde weniger gekauft, verpackt und transportiert. Neben den grafischen Papieren bekommen dies vor allem Karton und Pappe zu spüren, die zuletzt noch von einem starken Onlinehandel profitieren konnten und grundsätzlich zu den Digitalisierungsgewinnern zählen. So weist der Bereich Papier, Karton und Pappe für Verpackungszwecke ein Minus von 16,4 % auf.

Aber auch für die Segmente Hygienepapiere (minus 6,3 %) sowie Technische und Spezialpapiere (7,8 % weniger) war das letzte Halbjahr alles andere als zufriedenstellend.

Unternehmen brauchen günstigen Industriestrompreis

Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ist auf stabile Rahmenbedingungen angewiesen, verdeutlicht der Verband. Deutschland befindet sich in einer Hochphase der Strompreise und auch die Last durch Abgaben, Umlagen und Steuern nimmt stetig zu. Der Stromsteuersatz ist einer der höchsten der EU. Auch die Preise und Abgaben für Gas sind hoch und deutlich über dem Niveau von 2019. Das alles verteuert die Produktion in Deutschland stark. Die europäischen Mitbewerber können unter deutlich besseren Rahmenbedingungen arbeiten. In konjunkturellen Phasen mit schwacher Auftragslage und scharfem internationalem Preiswettbewerb entscheiden vor allem die Produktionskosten darüber, welche Werke die Aufträge noch wirtschaftlich erzeugen können.

Die Auswirkungen der schlechten Rahmenbedingungen sind bereits spürbar. Im Juli traf das in Bayern innerhalb von nur einer Woche rund 20 % der Produktionskapazität der Papierindustrie. Internationale Hersteller sahen sich gezwungen, aus wirtschaftlichen Gründen Schließungen von zwei Standorten anzukündigen. Weit über 1.000 Arbeitsplätze gehen damit in der Papierindustrie sowie bei den Zulieferern in dem Bundesland verloren.

Winfried Schaur, Präsident von DIE PAPIERINDUSTRIE, mahnt in Richtung Bundesregierung: „So wie die Situation sich aktuell darstellt, ist es in Deutschland schwierig, im internationalen Preiswettbewerb zu bestehen. Neben anderen stabilen Rahmenbedingungen muss endlich ein wettbewerbsfähiger Industriestrompreis als Brückenlösung eingeführt und die Beibehaltung des Spitzenausgleichs für 2024 garantiert werden. Gerade in der energieintensiven Papiererzeugung spielen eine bezahlbare und sichere Energieversorgung sowie deren langfristige Planbarkeit für Investitionsentscheidungen eine besondere Rolle. Die Unternehmen in Deutschland brauchen jetzt diese Planungssicherheit. Wenn die Politik nicht handelt, belastet sie die energieintensiven Unternehmen zusätzlich und gefährdet diese Branchen.“

Papierfabriken leisten Beitrag für Nachhaltigkeit und stabilisieren Stromnetze

Deutschland verliert mit Papierfabriken gut bezahlte Arbeitsplätze und büßt an Wirtschaftskraft in ländlichen Regionen ein. Die großen Transformationspotentiale der Industrie zur Klimaneutralität sowie zur Stabilisierung der Stromnetze gingen verloren. Viele Papierfabriken passen ihren Strombezug an die Stromverfügbarkeit an und können die Leistung ihrer Kraftwerke insbesondere dann hochfahren, wenn dieser knapp und teuer ist. Gleichzeitig setzt die Branche darauf, zukünftigen Überschussstrom aus Windkraft und Photovoltaik nutzen zu können, um fossile Energieträger zu ersetzen. Grundlegende Voraussetzung dafür sind aber niedrige Strompreise. Mit dem Wegfall des Spitzenausgleichs droht diese Strategie aufgrund zu hoher Stromsteuern unrentabel zu werden. Ohne die energieintensiven Betriebe müsste der Überschussstrom aus erneuerbaren Energien dann nutzlos abgeregelt werden.

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